2002-08-21

Creative Industries

Diese sog. "Creative Industries" sind alles andere als Industriebetriebe im herkömmlichen Sinne. Vielmehr geht um unzählige Klein- und Kleinstunternehmen - zumeist sogar Einzelkämpfer - die in Summe einen enorm großen und enorm heterogenen Tätigkeitssektor ergeben.

Geprägt ist dieser Sektor von Menschen, die für das normale Geschäftsleben zu künstlerisch und im tradierten Bild des Kunstschaffenden zu wirtschaftlich agieren. Sie sitzen sprichwörtlich zwischen den Stühlen. Bei den Kollegen aus der etablierten Wirtschaft gelten sie oft genug als Spinner, die gute Ideen und wenig Geld haben.
Und es stimmt: Es ist typisch für den Sektor der Creative Industries, dass Enthusiasmus den Businessplan, Selbstausbeutung, das mangelnde Kapital und der Glaube an die Vision das Management ersetzt.


In den Creative Industries finden sich wahrlich Zwitterwesen, die hart daran arbeiten, ihre selbstgewählte Berufung zum Beruf zu machen. Oft genug werden sie erst beim jährlichen Ausfüllen der Steuererklärung daran erinnert, dass sie eine Steuernummer als Unternehmer haben.

In keinem anderen Bereich sind sich künstlerisches Experiment und wirtschaftliche Innovation so nahe, nirgendwo sonst verschwimmen die Grenzen zwischen kreativer Selbstverwirklichung und Dienstleistung in dieser Form.


In den Creative Industries arbeiten Grenzüberschreiter, die ganz selbstverständlich zwischen den Welten pendeln. Dazwischen sind sie meist ihre eigenen Buchhalter, Werbeleiter und Produktentwickler in Personalunion.


Politisches Kleingeld lässt sich mit diesen feinen Nuancen nicht machen. Dementsprechend prägt Schwarz- Weiß- Malerei den derzeitigen Stand der Diskussion in Österreich darüber. Emotional aufgeladene Stereotypen lassen sich weit besser in der Öffentlichkeit verkaufen als nüchterne Fakten.
Und so sind die Creative Industries je nach Phantasie und Darstellungsgeschick momentan so ziemlich alles was der jeweiligen Weltanschauung gut zu Gesicht steht: Wirtschaftliche Wölfe im kulturellen Schafspelz, globale Konzerne der Kulturindustrie, in die Selbständigkeit gedrängte Künstler.

Im Ring stehen sich hier die schönen Künste, dort die kommerziellen Geschäftemacher gegenüber. Entweder öffentliche Kulturförderung oder Walt Disney, Bertelsmann & Co. Verkürzter geht's nicht mehr.


Die Kulturmanagementagentur "Instinct Domain" hat 2001 im Burgenland eine Studie zum Thema Kreativwirtschaft durchgeführt und versucht, den Begriff der "Creative Industries" im regionalen Kontext auf den Punkt zu bringen.

Die Studienergebnisse im Burgenland unterscheiden sich nur unwesentlich von Erhebungen in anderen europäischen Ländern (mehr dazu siehe http://www.burgenland.at/kreativwirtschaft


Die Studie hat seit ihrem Erscheinen im Januar 2002 vor allem dazu beigetragen, einer Szene Profil zu verleihen, die nur selten für sich selbst spricht, weil sie bislang keinerlei Interessensvertetung oder Sprachrohr besitzt.

Die in den Creative Industries tätigen Personen sind zumeist damit beschäftigt, ihre Sache zu machen und weitaus weniger daran interessiert, in Diskussionen herauszufinden, ob sie nun Künstler, Kreative oder Unternehmer sind. Sie sind etwas von allem. Und sie wissen es.

Was die betreffenden Burgenländerinnen bislang jedoch nicht wussten, ist, dass es mehrere hundert Branchenkollegen gibt, die allesamt vor ähnlichen Problemen und Herausforderungen stehen. Dementsprechend spannend sind die Fragen, die sich jetzt exemplarisch im Burgenland stellen:

Warum arbeiten im bürgenländischen Kultursektor nahezu genauso viele Menschen wie im Einzelhandel? Was muss nun passieren, dass die Anliegen dieses Sektors seiner Bedeutung entsprechend auch wahrgenommen werden? Vor allem aber gilt es zu beweisen, dass Interventionen in den Bereich der Creative Industries möglich sind, ohne dass sich die Politik aus der Kulturföderung zurückzieht.

Ein Beitrag von Erich Pöttschacher

www.instinct-domain.com
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